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Das Werkunternehmerpfandrecht

Ein völlig zu Unrecht in der handwerklichen Praxis wenig beachtetes Recht des Werkunternehmers ist das Werkunternehmerpfandrecht aus § 647 BGB. Hier heißt es: „Der Unternehmer hat für seine Forderungen aus dem Vertrag ein Pfandrecht an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen des Bestellers, wenn sie bei der Herstellung oder zum Zwecke der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind.“.

Die Voraussetzungen sind überschaubar. Das Pfandrecht kann an beweglichen Sachen entstehen, die der Werkunternehmer für den Kunden in seiner Werkstatt herstellt oder die der Kunde zum Zwecke der Reparatur oder Ausbesserung in seine Werkstatt gebracht hat. Das Pfandrecht entsteht also z.B. im klassischen Werkstattgeschäft am vom Kunden gebrachten Fahrzeug, an dem für den Kunden in der Werkstatt gebauten Möbelstück, an der hergestellten Gießform, dem Werkzeug, u.s.w..

Lediglich im Baugewerbe wird das Pfandrecht eher selten bis gar nicht anzuwenden sein. Überall dort, wo ein Gebäude errichtet oder etwas fest in ein Gebäude eingebaut wird, liegt naturgemäß hinterher keine bewegliche Sache mehr vor. Wird eine Sache aber in der Werkstatt hergestellt und dann nicht vor dem Einbau bezahlt, greift das Pfandrecht natürlich noch, z.B. bei der gebauten Küche, deren Herstellung vor dem Einbau abgerechnet wird.

In der IT-Branche ist das Pfandrecht leider kein so scharfes Schwert. Das liegt im Wesentlichen an zweierlei. Zum einen wird bei Aufträgen, die reine Programmierarbeiten zum Gegenstand haben, keine bewegliche Sache hergestellt, zum anderen kann es sein, dass solche Verträge als Dienstverträge einzustufen sind. Da kommt es sehr auf die Details im Einzelfall an. Das ist anders, wenn im Wesentlichen Hardware zusammengestellt und veräußert wird oder der Kunde einen Computer in die Reparatur gibt.

Die Ausübung des Pfandrechts ist einfach. Wenn dem Kunden eine Rechnung gestellt wurde, die dieser nach Fälligkeit nicht bezahlt, kann ihm gegenüber das Pfandrecht durch einfache Erklärung ausgeübt werden. Das sollte aus Nachweisgründen schriftlich geschehen, muss es aber nicht. Eine Ausübung des Pfandrechts über AGBs ist als sogenanntes rechtsgeschäftliches Pfandrecht zulässig.

Zahlt der Kunde dann nicht, muss ihm schriftlich eine Zahlungsfrist gesetzt und mit Fristablauf die Verwertung des Pfandobjektes angedroht werden. Dieses Schreiben muss mittels Gerichtsvollzieher zugestellt werden. Bei einem rechtsgeschäftlichen Pfandrecht über AGBs kann dieser Schritt im Prinzip zwar entfallen, es sollte aus Nachweisgründen aber trotzdem die Verwertung angedroht werden.

Nach Fristablauf kann dann der Gerichtsvollzieher mit der Verwertung, üblicherweise im Wege der Zwangsversteigerung, beauftragt werden, §§ § 1233 bis 1240 BGB. Der zahlungsunwillige Kunde, muss die Verwertung dulden, § 1228 Abs. 2 BGB. Wenn der Kunde der Meinung ist, den Werklohn in der geltend gemachten Höhe nicht zu schulden, ist er keineswegs rechtlos gestellt. Er kann sich gegen die Verwertung des Pfandgutes im Wege der Vollstreckungsgegenklage wehren. Innerhalb dieser Klage würde dann inzident auch geprüft, ob der Anspruch des Werkunternehmers zu Recht besteht oder Einwendungen des Kunden berücksichtigt werden müssen. Hier würde dann auch geprüft, ob das Pfandrecht wirksam ausgeübt wurde. Bei einem über die AGBs vereinbarten rechtsgeschäftlichen Pfandrecht kommt dann eine sog. AGB-Kontrolle zum Zuge. Wer hier keine Überraschung erleben will, sollte das Pfandrecht parallel im üblichen Wege geltend gemacht haben. Anwaltlicher Beistand ist hier, insbesondere bei der ersten Umsetzung des Pfandrechts anzuraten. Das Beste ist es, Sie fragen Ihren rechtlichen Berater, ob zur Forderungsdurchsetzung auch ein Pfandrecht in Frage kommt. Denn in der Praxis wird es zur Verwertung selten bis gar nicht kommen. Wird dem Kunden klar, dass die Verwertung droht, ist schnell Einigungsbereitschaft hergestellt.

Martin Becker
Rechtsanwalt und Mediator, Winfried Becker & Partner, Lemgo